Kein Ein­blick in die Ver­kehrs­sün­der­kartei für Dritte

Nur die Betroffenen selbst dürfen Einsicht in ihre Einträge im Strafpunkteregister für Verkehrsverstöße erhalten. Die Öffentlichkeit darf das nicht. Das hat der EuGH in einem Fall aus Lettland entschieden.

In Lettland war es bis heute kein Problem, rein aus Neugierde einen Blick in das Strafpunkteregister für Verkehrsverstöße anderer Personen zu werfen. Zweck der Regelung sei die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Das aber verstößt laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dienstag gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) (Urt. v. 22.6.2021, Rs. C-439/19). 

In dem Fall, den der EuGH zu entscheiden hatte, waren gegen eine Person wegen mehrerer Verkehrsverstöße Strafpunkte verhängt wurden. Diese Strafpunkte waren in ein nationales Verkehrsregister eingetragen worden, in welches nach lettischem Recht jede andere Person, ohne irgendein besonderes Interesse vorzuweisen, Einsicht beantragen konnte. Gegen dieses unbeschränkte Einsichtsrecht wehrte sich daraufhin die betroffene Person vor dem lettischen Verfassungsgericht. Dieses bekam Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit der DSGVO und legte dem EuGH das Verfahren zur Vorabentscheidung vor. 

Die Zweifel des lettischen Gerichts bestätigten nunmehr die Luxemburger Richterinnen und Richter am Dienstag. Die DSGVO stehe der lettischen Regelung entgegen, urteilte das Gericht. Die wegen Verkehrsverstößen verhängten Strafpunkte seien personenbezogene Daten und ihre Übermittlung an Dritte falle daher in den Anwendungsbereich der DSGVO. Einschlägige Ausnahmen davon liegen laut Pressemitteilung nicht vor.

Sinn und Zweck der lettischen Regelung sei zwar die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern. Allerdings ist es laut EuGH zur Verfolgung dieses Zwecks nicht erforderlich, dass jede Person auch ohne besonderes Interesse in das Register Einsicht nehmen kann. Die Strafpunkte einer Person seien sensible Daten und eine Übermittlung an die Öffentlichkeit damit ein schwerer Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens. Dieses Recht, so der EuGH, habe Vorrang vor dem Interesse der Öffentlichkeit auf Zugang zu dem Register.

In Deutschland ist grundsätzlich nur dem Betroffenen nach Art. 15 DSGVO Auskunft über die über ihn vorliegenden Punkte im Fahreignungsregister zu erteilen.